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Lexikon der Flugzeuge

- Modelle, Technik, Daten, Fakten -

Kurzbeschreibung:

Die X-31 kann mit drei steuerbaren Klappen den Abgasstrahl des Triebwerks in verschiedene Richtungen lenken (Schubvektorsteuerung) und bekommt so eine einzigartige Manöverierfähigkeit. Dadurch werden taktische Flugmanöver bei Anstellwinkeln bis 70° ermöglicht, bei denen konventionelle Flugzeuge nicht mehr fliegen können. In Verbindung mit einem hochgenauen Navigationssystem sind außerdem Landungen mit reduzierter Geschwindigkeit und kurzem Rollweg möglich (von 2.100 auf 520m).

Technische Daten:

Länge 14,85 m
Spannweite 7,3 m
Höhe 4,6 m
Radstand 3,5 m vorne/hinten
. 2,4 m rechts/links
. .
Triebwerk F404-400
Höchstgeschwindigkeit ca. 1,3 Mach
Schub 71 kN
Leermasse 5 t
Abflugmasse 7 t
Erstflug (X-31 A) 11. Okt 90

Vertragsparteien, Zielsetzung und Nutzen: (Deutschland / USA)

Im Mai 1986 wurde eine Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen den Regierungen USA und Deutschland unterzeichnet, vertreten durch die Organisationen DARPA (Defense Advanced Research Agency) und dem deutschen Verteidigungsministerium. Die daraufhin etablierte Testorganisation lTO bestand aus den Partnern BWB, US Air Force, US Navy, ARPA, NASA, Rockwell (jetzt Boeing) und MBB (jetzt EADS).

Die Flugtests wurden im Zeitraum von 1990 bis 1995 durchgeführt und endeten mit einer legendären Flugdarbietung auf dem Pariser Aerosalon 1995.

Insgesamt wurden ca. 580 Flüge mit zwei X-31- Flugzeugen durchgeführt, was einen neuen Flugrekord für Experimentalflugzeuge darstellte. Flugzeug Nr. 1 ging am 19. Januar 1995 durch einen Absturz verloren.

  • Eröffnung des Flugbereichs bis hin zu 70 Grad Ansteliwinkel
  • Erhöhte Agilität von Flugzeugen durch Nutzung des PoststallBereiches unter Einsatz einer Schubvektorsteuerung, voll integriert in ein Fly-by-Wire Flugsteuerungssystem
  • Demonstration der Vorteile von EFM in Luftnahkampf-Missionen, geflogen gegen verschiedenste Flugzeugmuster

Experimentalflugzeug X-31A

  • Einsitzer, aerodynamischer Kampfflugzeug-Entwurf
  • Delta-Flügel, langer Canard, einzelnes Seitenleitwerk
  • Ablenkung des Abgasstrahls (Schubvektorisierung) mittels 3 Strahlrudern
  • Schubvektorsteuerung voll integriert in Flugregelungssystem (FCS)
  • ein Triebwerk GE F404-400
  • Manövrierbarkeit bis 70 Grad AOA
  • Hoher Anteil von “Off-the-Shelft“ Komponenten

Programmziele: Entwicklung neuer Fähigkeiten

Flugdemonstration von ESTOL

  • » dramatische Reduzierung von Landegeschwindigkeit/ -energie
  • » automatische Flugführung (integriertes DGPS/INS)
  • » Triebwerk F404-400 mit Strahlrudern (TVV) zur Schubablenkung
  • » Pilotenunterstützungssystem für Anflüge mit hohen Anstellwinkeln

Konzeptstudie Reduziertes Seitenleitwerk / Richtungsstabilität

  • mission-capabte tailless fighter/attack aircraft
  • capabte tailless fighter/attack aircraft >>> Analyse und Flugregelungskonzept

Einrüstung neuer Technologien

  • IBIS - kinematisches DGPS “Integrity Beacon Landing System“
  • TVV - Verbesserung der Redundanz des Stellsystems
  • FCS - Integriertes Flug-/Triebwerks-/StrahIruder-Regelungssystem
  • AADS - genaue Luftdaten bei hohen Ansteliwinkeln. Miniaturisierte Sensorik zur Vermeidung von Interferenzen mit dem Radar

Das Vector-Programm: 2 Nationen, 4 Technologien

Auf der Basis des erfolgreichen X-31 -Experimentalprogramms führten Deutschland und die USA gemeinsam das moderne Technologieprogramm VECTOR durch.

Das Programm, für welches die X-31 als Versuchsträger diente, lief bis Mai 2003. Die Testergebnisse werden in Modernisierungsprogramme und in die Konstruktion neuer bemannter und unbemannter Systeme einfließen.

Tests des Progamms:

  • Schubvektortechnik zur Verkürzung der Landestrecke durch Landungen im erhöhten Anstellwinkelbereich bis 24 Grad und daraus resultierende Reduktion von 2.100 auf 520 Meter
  • Erprobung eines neuen Flugdatensystems in Flugbereichen bis Mach 1,18 und Anstellwinkeln bis 70 Grad
  • Simulatorstudie zur Untersuchung der Regel- und Fliegbarkeit mit verkleinerter Seitenruderfläche. Die Gierstabilisierung und Steuerung erfolgt mittels Schubvektor
  • Vollintegriertes Schubvektorsystem
  • Navigation im Zentimeter-Genauigkeitsbereich mittels phasenkorrigiertem Differential-GPS

Ziele der Vector-Steuerung: Kurzstart- und -landung u.a.

ESTOL (Extremely Short Take 0ff and Landing)

  • Landeanflüge mit Ansteliwinkeln bis 24 Grad, um das Potenzial einer Verringerung der Anfiuggeschwindigkeit von 160 auf 120 kts (KIAS) zu untersuchen
  • Voll integriertes autonomes Landesystem basierend auf phasenkorrigiertem Differenzial-GPS “IBLS” (lntegrity Beacon Landing System)

AADS (Advanced Air Data System)

  • Kalibrierung und Validierung eines miniaturisierten, radarkompatiblen Flush Air Data Systems (FADS), eingebaut in die Radomspitze

Verkleinertes Seiten-Leitwerk

  • Auslegung eines Reglers für eine Konfiguration mit verkleinertem Seitenleitwerk und anschließenden Tests in Simulationen

Ziele der Manöverierfähigkeit:

  • Demonstration der Technik und Ausrüstung zur Steigerung der Agilität von Kampfflugzeugen durch Nutzung des Post-stall-Bereichs
  • Demonstration der Möglichkeiten fortgeschrittener Fly-by-Wire-Technologie in Zusammenhang mit Schubvektorsteuerung
  • CIC Close-in-Combat-Tests bis hin zur Manövrierung bei 70 Grad Anstellwinkel mit verbesserter Fähigkeit zum Rumpfzielen
  • Verbesserte Verzögerungsleistung
  • Erforschung möglicher Poststall-Manöver und deren Nutzen im Luft-Luft-Nahkampf, wie z.B. die „Herbst“Flugkurve
  • Quasi-Tailless-Simulation im Flug
  • HMVAD-Test eines audiovisuellen Helm-Sichtsytems

Verbesserungspotenzial:

  • Signifikante Vorteile im Luftnahkampf durch die gewonnene Agilität
  • Verkleinerte Leitwerke führen zur Verbesserungen der Signatur
  • Erhöhtes Situationsbewusstsein des Piloten durch intuitivere Darstellung der aktuellen Fluglage und Kontrolle von Subsystemen

Ergebnisse:

  • Für konventionelle, auf Flugzeugträgern stationierte Kampfflugzeuge ermöglicht ESTOL:
  • AADS und verkleinerte Leitwerke führen zu Verbesserungen in Flugleistung und Signatur

Geschichtlicher Hintergrund: (Quelle: www.boeing.de)

Die Erprobung der X-31 für Flüge im aerodynamischen Grenzbereich fing bereits Anfang der 90er Jahre an, damals in Kooperation amerikanischer Partner - unter anderem die NASA, die U.S.-Streitkräfte und Rockwell Aerospace - mit der deutschen Luftfahrtindustrie.

Für die neuen Flugversuche hat Boeing die X-31 in der Anfang 2002 absolvierten ersten Phase des ESTOL-Programms nach fünf Jahren Stillstand wieder flugbereit gemacht und die Systemüberprüfung und Einweisung der Piloten durchgeführt.

Neue Steuerungssoftware wurde entwickelt und die X-31 wurde mit verschiedenen Zusatzsystemen ausgerüstet. Dazu gehört eine unter dem Rumpf montierte Videokamera, ein integriertes Beacon Landing System (IBLS), ein dreifach-redundantes Trägheitsnavigationssystem mit GPS, ein Luftwertesensorsystem, das bei allen Anstellwinkeln sehr genaue Daten liefert, und eine neue Flugversuchsinstrumentierung zur Aufzeichnung der relevanten Messdaten.

In der laufenden Phase II des Programms, die auf dem Flugversuchsgelände der U.S. Navy in Patuxent River begann, wurden ESTOL-Anflüge auf eine virtuelle Landebahn in großer Höhe geflogen, um die für solche Landungen geforderte hohe Genauigkeit des Landesystems nachzuweisen.